Spitzen-Klima für Top-Konzerterlebnisse
Optimale Luftfeuchte für den Großen Konzertsaal der Elbphilharmonie Hamburg
1. Einleitung
Nach einer Bauzeit von rund zehn Jahren und Gesamtinvestitionen von mehr als 800 Millionen Euro ist im Januar
2017 die Elbphilharmonie Hamburg offiziell eröffnet worden. Als ein neues Wahrzeichen der Hansestadt vereint das
110 Meter hohe, mit 1.100 Doppelglaselementen ausgestattete, spektakuläre Gebäude auf dem ehemaligen
Kaiserspeicher A drei Konzertsäle, ein Hotel, 45 Luxuswohnungen,
Gastronomie, eine öffentliche Plaza mit
Panoramablick
sowie ein Parkhaus. Im folgenden Beitrag
geht es speziell um die Klimatisierung und Luftbefeuchtung
des Großen Konzertsaals der Elbphilharmonie (siehe Bild 1).
Für die Elbphilharmonie (siehe Bild 2) wurde ein klares
Ziel vorgegeben: Hier soll ein Konzerthaus entstehen,
das vom ersten Ton eines Orchesters an in der Weltspitze
mitspielt. Im Mittelpunkt des riesigen Gesamtprojekts,
in dem unter anderem mehr als 100 RLT-Geräte, über
1.900 Brandschutzklappen und 425 Einzelraumregelungen
installiert wurden, steht der 25 m hohe Große
Konzertsaal.
Der 12.500 t schwere Große Saal ist aus Gründen des
Schallschutzes auf 362 Federpakete gelagert und dadurch
vom restlichen Gebäude akustisch entkoppelt. Im Großen
Saal befinden sich 2.100 Besucherplätze, die in mehreren
Terrassen rund um die mittige Bühne angeordnet sind.
Dadurch ist kein Zuhörer mehr als 30 m vom Dirigenten
entfernt. Zur Verwirklichung eines perfekten Klangerlebnisses
im Großen Saal haben das Schweizer Architekturbüro Herzog
& de Meuron Architekten und der Akustiker Yasuhisa
Toyota speziell für die Elbphilharmonie eine einmalige
Wand- und Deckenstruktur entwickelt: 10.000 individuell
gefräste Gipsfaserplatten mit einer Gesamtfläche von
6.000 m² sind so angeordnet, dass sie gezielt den Schall
in den riesigen Saal reflektieren und streuen. Ein spezieller
Reflektor unter der Saaldecke dient als zentraler Beleuchtungskörper
und sorgt zusätzlich dafür, dass der Klang
auch auf der Bühne optimal verteilt wird.
2. Lüftungs- und Klimasysteme
Die Lüftungs- und Klimaanlagen für den Großen Saal
müssen zwei wesentliche Aufgaben erfüllen:
- Im gesamten Saal, besonders aber im Bühnen- und
Orchesterbereich, sind ganzjährig enge Grenzwerte für
Lufttemperaturen, Luftfeuchten, Luftqualität und Luftgeschwindigkeiten
einzuhalten. Hier geht es darum,
dass alle Luftparameter für die Stimmen der Sänger,
für die Personen des Orchesters, für die oft extrem
kostbaren Instrumente und auch für die Einrichtungen
des Großen Saals (Holz, Gipsplatten) stets in einem
optimalen Bereich liegen.
- Gleichzeitig soll auch für die Besucher für ein bestmögliches
Konzerterlebnis eine optimale thermische
Behaglichkeit und Luftqualität sichergestellt werden.
Die planerische Realisierung dieser Forderungen wurde
den Fachingenieuren der m+p Gruppe übertragen.
Nach sehr aufwändigen Voruntersuchungen und Labormessungen
zur Akustik, Lüftung und Klimatisierung sowie
zur Raumluftströmung des Großen Saals entschieden sich
die Betreiber der Elbphilharmonie für folgende Lösungen:
Zur Sicherstellung eines bestmöglichen thermischen
Mikroklimas und einer guten Luftqualität für jeden Besucher
befindet sich unter jedem der 2.100 Sitze im Großen
Saal ein kombinierter Quell-/Dralldurchlass (siehe Bild 3).
Aus jedem dieser Durchlässe wird die Zuluft so eingeblasen,
dass sich bei den Besuchern keinerlei Zugerscheinungen
einstellen können. Der Bereich der Bühne wird mit Quellluft
klimatisiert, die aus den hinteren Bühnenbereichen
impulsarm zur Bühne hin ausgeblasen wird.
Für diese Aufgaben wird in zwei identischen zentralen
Klimageräten ein Nenn-Außenluftvolumenstrom von je
65.000 m³/h ganzjährig so konditioniert, dass die Zuluft
stets mit einer Solltemperatur von etwa 20 bis 21 °C und
einer relativen Soll-Luftfeuchte von rund 40 - 50 % in
den Großen Saal einströmt. Diese Zuluftbedingungen
gelten sowohl für die Quelllüftung (Bühne) als auch für
die Quelllüftung/Dralllüftung (Besucherbereiche). Aufgrund
der thermischen Lasten im Konzertbetrieb hat die
im oberen Bereich des Saales entnommene Abluft eine
Temperatur von etwa 25 bis 27 °C (Winter/Sommer). Für
den Konzert-Probebetrieb ohne Besucher kann die RLTAnlage
auf einen Teillastzustand eingestellt werden, bei
dem dann nur der Bühnenbereich und das Parkett mit
Zuluft versorgt werden.
Im Rahmen von drei Probekonzerten vor der offiziellen
Eröffnung hat m+p die umfangreichen Messverfahren
für die Sachverständigenabnahme durchgeführt. Dabei
wurden aus den Ergebnissen auch Optimierungen und
Anpassungen in den Betriebsweisen der Klimaanlagen
erarbeitet, die ebenfalls zur letztlich erfolgreichen
Abnahme der hohen Ansprüche an die Behaglichkeit,
die Luftqualität und die Luftfeuchte geführt haben.
Alle RLT-Anlagen in den Konzertbereichen müssen
unhörbar arbeiten. Dazu wurde neben aufwändigen
Schalldämmmaßnahmen in den Klimageräten und an
den Luftdurchlässen auch alle Luftleitungen extrem stark
geräuschgedämmt (Doppelschale mit innenliegender
Dämmmasse). Gesteuert werden die Anlagen über Fühler
für Temperaturen, Feuchten und Luftqualität, die an
verschiedenen Stellen im Großen Saal positioniert und
auf ein umfangreiches Gebäudeautomationssystem aufgeschaltet
sind.
2.1 Die Luftkonditionierung
Zur Aufbereitung der Außenluft zur Zuluft kommen in den RLT-Geräten unter anderem folgende Komponenten zum Einsatz:
hochwertige zweistufige Filterung der Außenluft
ein mehrfachfunktionales Kreislaufverbundsystem (KVS)
Nacherhitzer / Kühler
Hybrid-Luftbefeuchter
indirekte Verdunstungskühlung auf der Abluftseite
frequenzgeregelte Radialventilatoren mit Flachriemenantrieb
Bild 2 zeigt beispielhaft den Betriebszustand eines RLTGeräts
im Winterbetrieb. Die angesaugte kalte Außenluft
(0 °C) wird im RLT-Gerät zunächst im KVS vorerwärmt und
dann auf eine Temperatur von etwa 37 °C nacherwärmt.
Bei dieser Erwärmung sinkt aber die relative Feuchte
der Luft auf unzulässig niedrige Werte unter 10 % und
muss in den Hybrid-Luftbefeuchtern Condair Dual auf
etwa 60 % relative Feuchte um etwa 6,3 g Wasser pro
kg Luft befeuchtet werden. Bei einem Nenn-Außenluftvolumenstrom
von etwa 78.000 kg/h pro RLT-Gerät bei
Konzerten ergibt sich dadurch eine Befeuchtungsleistung
von etwa 490 kg Wasser pro Stunde. Die Erwärmung der
Außenluft mit einer Leistung von mehr als 1 MW pro
RLT-Gerät erfolgt im mehrfachfunktionalen Kreislaufverbundsystem
und im Nacherhitzer teils aus der Wärme
der Abluft (Erwärmung auf rund 25 °C) und überwiegend
mit Fernwärme.
Im Sommerbetrieb bei warmen Außentemperaturen
erfolgt die Kühlung und gegebenenfalls auch die Entfeuchtung
der Außenluft auf zweifache Weise: Erstens
wird die Abluft aus dem Großen Saal (27 °C) in einer
indirekten Verdunstungskühlung vorgekühlt und sinkt
dadurch auf eine Temperatur von etwa 20 °C. Dies
entspricht bei Nennluftbetrieb einer Kühlleistung von
etwa 550 kW. Zweitens wird die Luft im Kühler des RLTGeräts
auf die aus der Enthalpieregelung berechneten
Temperatur heruntergekühlt, die für die notwendige
Entfeuchtung erforderlich ist (Maximalkälteleistung 480
kW). Schließlich wird die Luft im Nacherhitzer auf die
erforderliche Zuluftemperatur erhitzt. Die Kälteleistung
kommt aus zwei wassergekühlten Kältemaschinen
(Kühlung mit Elbwasser oder aus Brunnenwasser aus
zwei Grundwasserbrunnen).
2.2 Die Hybrid-Luftbefeuchter Condair Dual
Insgesamt werden im Projekt Elbphilharmonie acht
Hybrid-Luftbefeuchter Condair Dual (siehe Bild 5) eingesetzt.
Die Geräte arbeiten, wie beschrieben, sowohl zur
Luftbefeuchtung für den Großen Saal als auch in den RLTAnlagen
für den Kleinen Saal und die zugehörigen Foyers,
die Proberäume und die Bereiche Backstage/Verwaltung
und haben Nenn-Befeuchtungsleistungen von 90 bis 550
kg Wasser pro Stunde. Zur Erzeugung des hygienisch
einwandfreien Befeuchtungswassers bei minimiertem
Energiebedarf wird unter anderem eine frequenzgesteuerte
Umkehrosmoseanlage mit Konstantdruckregelung
Condair AT2 mit einer Leistung von 1.250 Litern Wasser
pro Stunde betrieben.
Durch die Kombination der Befeuchtungsmethoden
Zerstäuben und Verdunsten sind die Dual Hybrid-Luftbefeuchter
in der Lage, kostengünstig zu arbeiten und
durch das „Hygiene-Plus-Konzept“ das Vermehren von
Keimen präventiv und wirksam zu unterbinden. Die
optimierten Molekular-Zerstäuberdüsen besprühen
die Verdunstungskeramik komplett ohne Blindflächen.
Dadurch ergibt sich eine höchstmögliche Ausnutzung
des Befeuchtungswassers und eine hohe Effizienz der
Befeuchtung. Hinter den Luftbefeuchtern liegt aerosolfreie
und hygienisch befeuchtete Atemluft vor.
Mit einer Bautiefe von nur 600 mm (Minimallänge) sind
die Dual Hybrid-Luftbefeuchter deutlich kompakter als
Hochdruck-Luftbefeuchter, wodurch das RLT-Gerät kürzer
gebaut werden kann.