Luftfeuchte vermindert
elektrostatische Aufladungen



Jeder hat wohl schon leichte elektrische Schläge erlebt. Der Grund: statische Aufladung, die sich bei Berührung mit einem elektrischen Leiter jäh entlädt. Für den Menschen spürbar wird dieser Vorgang der sogenannten elektrostatischen Entladung oder ESD (Electrostatic Discharge) ab einer elektrischen Spannung von etwa 3.000 Volt. Spannung entsteht zwischen zwei Gegenständen oder Werkstoffen, die unterschiedlich aufgeladen sind, also ein unterschiedliches elektrisches Potenzial besitzen. Volt an sich, in diesem Ausmaß und weit darüber, sind gesundheitlich in der Regel ungefährlich, solange keine Leistung dahintersteckt.

Doch selbst leichte elektrostatische Entladungen, die im Alltag meist nur als unangenehm empfunden werden, können im Produktionsbetrieb gefährlich werden, denn Unachtsamkeit oder unüberlegte Bewegungen aufgrund einer Schrecksekunde führen dort schnell zu Unfällen. Darüber hinaus können statische Aufladungen und unkontrollierte elektrostatische Entladungen in der Industrie Kosten in Millionenhöhe verursachen, beispielsweise durch beschädigte Produkte, verzögerte Produktion oder einen durch Funkenbildung verursachten Brand.

Eine hohe Luftfeuchtigkeit vermindert das Risiko statischer Aufladung. Luftbefeuchtungssysteme tragen deshalb, neben anderen ESD-Schutzmaßnahmen, in vielen Branchen zu einer Verbesserung der Produktionsbedingungen bei.


Wie entsteht statische Aufladung?

Jedes Objekt besteht aus unzähligen Atomen. Und jedes Atom hat in seinem Kern Neutronen und positiv geladene Protonen, die von negativ geladenen Elektronen auf konzentrischen Bahnen, den Schalen, umkreist werden. In der Regel ist die Anzahl der Protonen und der Elektronen gleich, es besteht ein elektrisch neutraler und stabiler Zustand. Wenn allerdings zwei unterschiedliche Materialien aneinander gerieben oder abrupt voneinander getrennt werden, springen sogenannte Valenzelektronen auf der äußersten Schale eines Atoms an der Oberfläche des einen Materials zu Atomen des anderen Materials. Dadurch bleibt das Material an sich unverändert, es verliert jedoch seine elektrische Neutralität. Es lädt sich statisch auf. Das Material, dem Elektronen entwischen, ist positiv geladen, während sich das Material, das Elektronen einfängt, negativ auflädt. Welche Stoffe sich positiv aufladen und welche negativ, hängt vom Aufbau der Atome, also der chemischen Zusammensetzung der Materialien, ab.



1. Die Atome A und B befinden sich in einem stabilen, elektrisch neutralen Zustand.



2. Durch Kontakt/Reibung springen Valenzelektronen von Atom B auf A über.



3. Beide Atome haben ihre elektrische Neutralität verloren und die Gefahr eines abrupten Ausgleichs mit Valenzelektronen anderer Stoffe ist nun gegeben.



Entstehung von statischer Aufladung im Produktionsbetrieb und die Folgen

In Fertigungs- und Produktionsbereichen baut sich immer irgendwo elektrische Ladung auf. Sie entsteht infolge Reibung von Werkstoffen. Dabei kann es sich um Vorgänge wie Reiben, Schütten, Zersplittern, Zerreißen oder Zermahlen handeln, um die Bewegung von Förderbändern, das Abrollen von Klebebändern, das Verrücken von Plastikbehältern und vielem mehr.

Hauptursache für Probleme durch statische Aufladung sind Verstopfen, Anhaften, Anziehung von Fremdkörpern, was zu Verunreinigung von Produkten und Fehlfunktionen der Geräte und Maschinen führt. Die Folge: mindere Produktqualität, dazu Produktionsverzögerungen bis hin zu Produktionsausfällen. Unkontrollierte statische Entladungen erfolgen, wenn ein statisch aufgeladener Werkstoff oder Mitarbeiter, mit einem elektrischen Leiter - oft ein Werkzeug oder Gerät - in Berührung kommt. Wenn viel Reibung im Spiel ist, zum Beispiel bei Folienabrollung und Schüttgütern, können so große Ladungen auftreten, dass ein solcher Stromschlag bei einer plötzlichen elektrostatischen Entladung auch gesundheitsschädlich sein oder Bauteile beschädigen kann.

Bei leicht entzündlichen Werkstoffen kann unter extremen Bedingungen elektrostatische Entladung als Zündfunke wirken, der im ungünstigsten Fall zu einem Brand oder gar einer Explosion führt. Folgeschäden an Bauteilen und Geräten durch elektrostatische Entladung treten besonders häufig in der Elektronikindustrie auf. Aber auch bei der Verarbeitung von Papier, Kunststoffen, Textilien und Verpackungen behindert Elektrostatik die Produktion erheblich.





Durch Luftbefeuchtung elektrostatische Auf- und Entladung vermindern
Je trockener die Luft, desto höher ist ihr Isolationswert und desto stärker laden sich Materialien und Gegenstände bei Reibung auf. So kann das Öffnen eines Plastikbeutels bei extrem trockener Luft mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 10 bis 20 Prozent eine elektrische Spannung von 20.000 Volt erzeugen. Wasser hingegen ist ein guter elektrischer Leiter. In einer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit können Körper ihre statische Aufladung daher weniger gut aufrechterhalten. Sie geben ihre überschüssige Ladung stattdessen kontinuierlich an die Wassermoleküle in der Luft ab, wo sie gleichmäßiger verteilt wird. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 45 bis 50 Prozent minimiert die Gefahr von unkontrollierten elektrostatischen Entladungen deutlich.






Um elektrostatische Aufladung und unkontrollierte plötzliche Entladungen einzudämmen, ist es daher hilfreich, die Luftfeuchtigkeit auf einem konstanten Niveau zu halten und gegebenenfalls mit Luftbefeuchtern anzupassen. Zumal in den meisten Produktionsumgebungen die Luftfeuchtigkeit ohne Regelung eher abnehmen würde, etwa aufgrund starker lokaler Wärmequellen.


ESD-Schutzkonzepte in der Produktion
Der Schutz vor elektrostatischen Entladungen wird üblicherweise in passive und aktive Maßnahmen unterteilt. Passive Maßnahmen sind beispielsweise antistatische Armbänder, die ähnlich wie ein Blitzableiter funktionieren, oder die Erdung von Personal und Werkzeugen. Die Regelung der relativen Luftfeuchtigkeit gehört zu den aktiven Maßnahmen gegen statische Elektrizität, wodurch sich die Produktqualität verbessert und das Risiko von Verzögerungen und Ausfallzeiten in der Produktion deutlich verringert wird.